9.1 Kälteanlagen *

 

9.1.1 Einleitung *

9.1.2 Begriffe *

9.1.3 Bauarten *

9.1.4 Auslegung *

9.1.5 Tips für Planung, Praxis, Energie *

 

9.1 Kälteanlagen

 

 

Einsatzbereiche von Kälteanlagen

Eine Kälteanlage wird in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Sie dient der Kühlung von Waren in Lagerhäusern, unterstützt Anwendungen in der Labortechnik, kühlt EDV-Räume und Sitzungszimmer und wird innerhalb industrieller Produktionsprozesse eingesetzt. Aber auch einfache Haushaltgeräte wie Tiefkühler oder Kühlschränke kann man als Kälteanlagen bezeichnen.

 

Wie wird Kälte erzeugt ?

Kälte ist zunächst ein Energieniveau, das unter dem seiner Umgebung liegt. Um zu kühlen, muss man vorhandene Wärme-energie dort wegnehmen, wo es kälter sein soll. Da sich jedoch Energie nicht "in Luft" auflösen kann, muss die entzogene Wärme an anderer Stelle wieder hinzugefügt werden, und zwar auf einem höheren Niveau. In Form eines thermodynamischen Kreisprozesses wird zum Zweck der Wärmeabgabe die zu entziehende Wärmemenge vom niedrigeren Temperaturniveau auf ein höheres gebracht. Dieser Prozess findet in einer Kälteanlage statt.

 

Wer erzeugt Kälte ?

Um den Kältekreislauf und die Vorgänge in einer Kälteanlage verstehen zu können, sind Kenntnisse der wichtigsten Grundlagen und Gesetze der Physik unerlässlich. Hinzu kommt, dass der Betrieb und der Unterhalt einer solchen Anlage immer mit Kältemittel verbunden ist. Der als Kältemittel bezeichnete Arbeitsstoff in Kälteanlagen sowie das im Kältekreislauf mitzirkulierende Kältemaschinenöl wirken sich beim Austreten aus dem System bzw. in die Atmosphäre negativ auf die Umwelt aus. Deshalb besteht in der Schweiz eine Pflicht zur Fachausbildung. Mit Kältemitteln darf nur unter Anleitung von Personen, die eine Fachbewilligung erworben haben, umgegangen werden.

 

 

9.1.1 Einleitung

 

Physikalisch gibt es keine Kälte, sondern lediglich mehr oder weniger Wärme. Bei -273°C (entspricht 0 Kelvin) liegt der absolute Nullpunkt, d.h., in der Atomstruktur findet keine Teilchenbewegung mehr statt. Die Wärmeübertragung ohne Mithilfe findet nur in einer Richtung (von warm nach kalt) statt.

 

Mit einer Kältemaschine wird an einem Ort (wo sie unerwünscht ist) Wärme weggeführt und an einem anderen Ort (wo sie benötigt wird oder keine störenden Einflüsse bewirkt) wieder abgegeben. Man unterscheidet zwischen drei Aggregatzuständen (fest,flüssig, gasförmig).

Weiter wird zwischen sensibler und latenter Wärme unterschieden. Die sensible (fühlbare) Wärme ist bei einer Temperaturveränderung (immer innerhalb eines Aggregatzustandes) spürbar. Die latente Wärme verändert den Aggregatzustand, ist von der Temperatur her also unverändert. Eine Veränderung eines Aggregatzustandes benötigt allerdings wesentlich mehr Energie als eine sensible Temperaturveränderung. Dies kann jedoch auch ausgenutzt werden. In der Kältetechnik spielen das Verdampfen und das Verflüssigen eine wesentliche Rolle. Beim Verdampfen eines Mediums wird der Umgebung viel Wärme entzogen, welche beim Verflüssigen wieder abgegeben wird. Der Druck des Mediums bestimmt, bei welcher Temperatur die Verdampfung bzw. die Verflüssigung stattfindet.

 

Wann wird eine Kälteanlage benötigt ?

Eine Kälteanlage wird benötigt, um Räume oder Prozesse zu kühlen. Die Kühlung kann über eine Klimaanlage mit Luft oder Umluftkühler erfolgen oder für Prozessbereiche mit einem Kälteträger (Wasser, Glykol, Sole usw.). Man unterscheidet zwischen Komfortkühlung und Prozesskühlung. Es ist wichtig, dass nur so weit gekühlt wird, wie dies tatsächlich notwendig ist .

 

Wie funktioniert der mechanische Kälteprozess (Kältekreislauf) ?

Im Verdampfer-Wärmetauscher liegt die Kältemitteltemperatur unter der Umgebungstemperatur. Aus der Umgebung (Luft = Direktverdampfer oder Wasser = Chiller) fliesst deshalb Wärme auf das unter niedrigem Druck stehende Kältemittel über und bringt es zum Sieden und zum Verdampfen. Der kalte Dampf wird vom Verdichter angesaugt (Sauggas) und bei hohem Druck verdichtet. Dadurch steigt die Temperatur des Kältemitteldampfes. Der heisse Dampf (Heissgas) gibt im Verflüssiger-Wärmetauscher Wärme an die Umgebung (Luft oder Wasser) ab und kondensiert (deshalb auch Kondensator genannt). Im Expansionsventil wird das verflüssigte Kältemittel entspannt. Bei niedrigem Druck fliesst es wieder zum Verdampfer zurück. Der mechanische Kälteprozess wird für alle Anwendungen im Klima-, Kühl- und Gefrierbereich sowie auch für Wärmepumpen am häufigsten eingesetzt.

 

 

9.1.2 Begriffe

 
 

Begriff Bemerkungen
Verdichter Der Verdichter (Kolben, Schrauben, Scroll, Turbo usw.) saugt das Kältemittel (gasförmig) mit niedrigem Druck und niedriger Temperatur an und bringt das Gas auf einen hohen Druck. Dabei wird auch die Temperatur erhöht.
Direkte Kondensation (Verflüssiger) Luft- oder wassergekühlte Ausführung. Der Wärmetauscher gibt die Wärme aus dem Kältemittelkreislauf an die Umgebung ab.

 

  luftgekühlt: Wärmetauschbatterie (Lamellen-wärmetauscher) und Axial- oder Radialventilator
  wassergekühlt Rohrbündel- oder Plattentauscher

- Trinkwasser (nicht sinnvoll)

- Fabrikwasser

- Kühlturm (offene oder geschlossene Bauart

- Grund-, See- oder Flusswasser

- Hybrid

 

Verdampfer

 

Der Verdampfer entzieht dem zu kühlenden Medium die Wärme, indem das flüssige Kältemittel verdampft und zusätzlich noch etwas sensible Wärme aufnimmt. Grundsätzlich gleiche Konstruktionsarten wie Kondensatoren:

- Lamellenverdampfer

- Rohrbündelverdampfer

- Plattenwärmetauscher

 

Indirekte Kondensation (Rückkühler)

 

Die dem zu kühlenden Medium entzogene Wärme muss über den Kondensator wieder abgeführt werden. Dieser sogenannten Rückkühlung ist in bezug auf verschiedene Punkte Beachtung zu schenken:

- Platz

- Geräusche

- Dampfbildung (z.B. bei Kühlturm möglich)

- Energieverbrauch

- Temperaturniveau (möglichst tief)

- Wasserverbrauch

- Gesamtwirkungsgrad, bzw. Gesamtenergieverbrauch der Kälteanlage

 

Kältemittel

 

Das Kältemittel wird benötigt, um den Kältekreislauf überhaupt aufrecht erhalten zu können. Dazu sind spezifische physikalische Eigenschaften (Siedetem-peratur, kritische Temperatur, kritischer Druck, Dichte usw.) notwendig.

Viele der bekannten Kältemittel fördern jedoch den Ozonabbau und den Treibhauseffekt. Deshalb werden bei der Auswahl der Produkte auch das sogenannte Ozonabbau-Potential (ODP) und das Treibhaus-Potential (GWP) berücksichtigt. Kältemittel mit hohem ODP und GWP sind nicht mehr erlaubt oder werden in nächster Zukunft verboten. Das betrifft vor allem die bekannten Fluorkohlenwasserstoffverbindungen (FCKW), auch als Freon (R11, R12, R13, R13B1, R22, R113, R502) bekannt.

Ein geeignetes Kältemittel für grosse Kälteanlagen ist Ammoniak (NH3, R717). Dabei sind die spezifischen Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten.

 

Wärmerückgewinnung WRG

 

 

Die Wärme, die durch das Kondensieren bei der Rückkühlung anfällt, sollte nach Möglichkeit genutzt werden. Dies wird sogar von der Gesetzgebung vorgeschrieben, wenn nicht eine Unverhältnismässigkeit vorliegt. Eine mögliche Abwärmenutzung ist die Erwärmung von Gebrauchswarmwasser oder Warmwasser für die Heizung.

 

Chiller / Verdampfer

 

Im Verdampfer wird dem Kaltwasser zur Kühlung Wärme entzogen, das Wasser wird abgekühlt. Der Kaltwasserkreis dient zur Kühlung von z.B. einer Klimaanlage mit u.a. mehreren Verbrauchern (im Gegensatz zu einem Direktverdampfer, in dem der zu kühlenden Luft die entsprechende Wärme entzogen wird).

 

Leistungszahl

 

Die Leistungszahl ist das Verhältnis zwischen der erzielten Kälteleistung und der aufgewendeten elektrischen Energie (F = Qc/Pel).

Um einen energiegünstigen Betrieb zu erreichen, muss die Leistungszahl möglichst gross sein (F > 3).

 

 

9.1.3 Bauarten

 
 

Bauarten Vorteile Nachteile
 

Offene Kolbenverdichter

 

· Für grosse Leistungen

· Normmotoren einsetzbar

· Verschiedene Arten der Leistungsregulierung möglich

· Antrieb auch mit Benzin/ Diesel möglich

· Langfristige Instandhaltung und Ersatzteilbeschaffung möglich

 

· Hohe Investitionskosten

· Hohe Geräuschemissionen

· Starke Vibrationen vorhanden

· Kältemittelleckagen an der

Antriebswelle möglich

 

 

Halbhermetische Kolbenver-dichter

 

· Für kleinere Leistungen

· Geringe Investitionskosten

 

· Zylinderabschaltung möglich

· Standardgrössen erhältlich

 

· Aufwendige Instandhaltung 

· Ersatzteillieferung von den Lieferanten abhängig

 

· Teilweise Ersatz statt Reperatur notwendig

 

 

Geschlossener Kolbenverdichter 

(Hermetisiert)

 

· Für kleine Leistungen

· Geringe Investitionskosten

· Serienproduktion

 

· Schlecht reparierbar

· Leistungsregulierung nur beschränkt realisierbar

· Nur für kleine Leistungen erhältlich (bis ca. 20 kW)

 

Turboverdichter

 

· Für grösste Leistungen einsetzbar

· Sehr guter Wirkungsgrad bei hoher Leistungsabgabe

· Geringer Wartungsaufwand

· Kleine Ölmenge

 

· Nur beschränkt regelbar (grosser Schlupf im unteren Bereich)

· Pumpgrenze muss bei Start schnell überwunden werden können

 

Schraubenverdichter

 

· Gute Leistungsregulierung

· Für mittlere und grosse Leistungen einsetzbar

· Geringe Geräuschemissionen

· Geringer Verschleiss

· Kleine Ölmenge

 

· Grosser Ölabscheider notwendig 

· Hohe Investitionskosten

 

Scroll-Verdichter

(Hermetisiert)

 

· Gute Leistungsregulierung

· Für kleine Leistungen ein- setzbar

· Geringe Geräuschemissionen

· Geringer Verschleiss

· Kleine Ölmenge

 

· Schlecht reparierbar

· Grosser Ölabscheider not-wendig

· Hohe Investitionskosten

 

 

Absorptionsmaschinen

 

· Geringerer Stromverbrauch

· Nutzung von Abwärme möglich

· Kein Kältemittel (FCKW oder FKW)

· Geringer Verschleiss

· Keine mechanisch bewegten Teile

 

· Grosser Platzbedarf

· Benötigt Abwärme auf hohem Niveau

· Hohe Rückkühlleistungen

erforderlich

· Leckempfindlich

· Hohe Investitionskosten

 

 

 

9.1.4 Auslegung

 

Leistungsbedarf

Grundlage für die Auslegung jeder Kälteanlage ist der Leistungsbedarf. Bei neuen Anlagen ist er unter Berücksichtigung aller Parameter, wie Gleichzeitigkeitsfaktoren, effektiver Wärmeabgabe, Nutzung, Temperaturniveau usw. festzulegen. Sämtliche Angaben sind sachlich zu hinterfragen. Bei bestehenden Anlagen sind Leistungsmessungen vorzunehmen, falls dies möglich ist.

 

Leistung/Nutzungsgrad

Bei der Auslegung ist auf möglichst hohe Verdampfungstemperaturen und niedrige Kondensationstemperaturen zu achten. Dies wirkt sich positiv auf den Wirkungsgrad aus. Je tiefer die Verdampfung und je höher die Kondensation, desto höher der elektrische Energieverbrauch bei gleicher Kälteleitung. Verdampfung wirkt sich gravierender aus als Kondensation.

 

Die Verdampfungstemperatur wird mit ca. 5° C tiefer als die Wassertemperatur, diese wiederum ca. 5° C tiefer als die zu kühlende Umgebung ausgelegt.

 

Die Kondensationstemperatur wird mit ca. 5°C höher als das Rückkühlmedium, welches ca. 5° C höher als das Kältemittel angenommen wird ausgelegt.

 

Sicherheitseinrichtungen

Um die Anlage oder Menschen zu schützen, werden Sicherheitskomponenten eingebaut:

 

· Hochdruckpressostat schaltet den Verdichter bei zu hohem Druck im Kältemittel aus. Die Wärme kann nicht abgegeben werden.

· Niederdruckpressostat schaltet den Verdichter bei zu geringem Druck ab. Dies ist auf ungenügende Wärmezufuhr oder zuwenig Kältemittel zurückzuführen.

· Wicklungsschutz schaltet den Verdichter ab, sobald der Antriebsmotor zu heiss wird.

· Öldruckpressostat schaltet den Verdichter bei ungenügendem Öldruck aus.

· Bei Kälteanlagen mit Ammoniak (NH3) / Buthan etc. als Kältemittel müssen die spezifischen Sicherheitsvorschriften beachtet werden.

 

Wärmerückgewinnung

Abwärme aus dem Kompressor sowie die entzogene Wärme sollen soweit möglich dort wieder eingesetzt werden, wo Wärme benötigt wird.

 

 

9.1.5 Tips für Planung, Praxis, Energie

 

Planung

 

· Die Bedürfnisse der Leistungsanforderung und der geforderten Temperaturen sind kritisch zu hinterfragen. Die Kälteverbraucher sind so auszulegen, dass mit möglichst hohen Temperaturen gekühlt wird.

· Eindeutiges Pflichtenheft erarbeiten.

· Kosten/Nutzen-Vergleich in bezug auf Varianten der Kälteerzeugung und der Rückkühlung. Bei der Wahl der Kälteerzeugung ist neben den Investitionen auch der Instandhaltung, der Leistungsregulierung, dem Energieaufwand, der ErsatzteiIbeschaffung, den Geräuschemissionen und den Platzverhältnissen sowie der Betriebssicherheit Rechnung zu tragen.

· Dem richtigen Einsatz des Kältemittels ist grosse Beachtung zu schenken. Dies vor allem auch bei Sanierungen (Kältemittelersatz).

· Die Rückkühlung ist in bezug auf die vorhandenen Möglichkeiten sowie energetisch auf die gesamte Anlage bezogen zu wählen.

· Neben den betriebsrelevanten Sicherheitsanforderungen sind vor allem Anforderungen an Explosionsschutz und Gasaustritt (Kältemittel) zu beachten.

 

Praxis

 

· Die Betriebsoptimierung umfasst die Anlage als Gesamtsystem.

· Die lnstandhaltungsunterlagen müssen mit der Einbausituation übereinstimmen, und die MSRE- sowie die R+l-Schemata müssen vollständig, d.h. mit allen technischen Daten (inkl. Stücklisten) vorhanden sein.

· Regelmässige Funktionskontrollen der Fühler und der Regler spart Betriebskosten und stellt die Funktionalität der Anlage sicher (inkl. Sicherheitseinrichtungen).

· Die Einstellwerte und Probleme sind in einem Betriebsprotokoll aufzulisten, damit sie bei einer Veränderung wieder entsprechend korrigiert werden können.

 

Energie

 

· Die Kälteanlage ist ein Bestandteil eines gesamten Energie- und Nutzungskonzeptes. Um eine Anlage energieeffizient betreiben zu können, müssen alle Einzelkomponenten aufeinander abgestimmt sein.

· Auf der Verdampferseite sollten möglichst hohe, auf der Kondensationsseite möglichst tiefe Temperaturen gefahren werden.

· Beschränkung der Laufzeiten auf die minimale Notwendigkeit, bei tatsächlich notwendigem Temperaturniveau.

· Die Möglichkeiten der Abstufung ausnutzen.

· Ein Kältespeicher bei variabler Nutzung reduziert die Leerlaufzeiten.
 


Letzte Änderung : 24 Feb 1998 Webmaster