Virtuelle Organisation im Dienste der Gebäudetechnik mittels Internet
Die heutige Flut von Informationen, die stetige Veränderung von Geschäftspraktiken, die oft unerwarteten neuen Bedürfnisse von Gebäudetechnik-Kunden, die mit der allgemeinen Modeströmung ebenso schnell wie der verschwinden können und der stete Konkurrenzdruck erfordern heute von den Dienstleistungserbringern flexible Strukturen, die den stets wechselnden Anforderungen bis zu einem gewissen Grade gewachsen sind. Solche Anforderungen können mit traditionellen hierarchisch und streng nach Wissensdisziplinen organisierten Abteilungen nicht mehr bewältigt werden. Zu diesem Zweck müssen neue Organisationsformen mit Fachleuten gebildet werden, die sich dynamisch und mit einem vielfältigen Wissen den neuen Situationen anpassen können. Heute hat ein Kunde keine Geduld mehr und will sofort kompetent bedient werden. Werden seine Bedürfnisse nicht befriedigt, wird er ohne lange zu zögern die Konkurrenz aufbieten. Diese wird sich eine solche Gelegenheit bestimmt nicht entgehen lassen.
Der Sinn der virtuellen Organisationsform
Unter virtueller Organisation versteht man eine Form, die lediglich temporär besteht, nur
scheinbar vorhanden ist und sich vor allem im virtuellen Bereich der digitalen
Datenverarbeitung abspielt.
Eine virtuelle Organisation ist eine vorübergehende Organisationsstruktur, die den
Gegebenheiten konform ist und nur solange Bestand hat, als sie zur Befriedigung von
Kundenbedürfnissen erforderlich ist.
Die virtuelle Organisation kann als ein Netzwerk rechtlich selbständiger Unternehmen
bezeichnet werden, die temporär miteinander kooperieren, um örtlich und zeitlich autonom
für eine bestimmte Aufgabe die fehlenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen und
gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.
Solche Organisationen erfordern eine lnformationslogistik und eine Art
Organisationsdispatching, welches kurzfristig in der Lage ist, für bestimme Aufträge
Strukturen aufzubauen und dabei auf vielfältige Dienstleistungen zurückgreifen kann.
Solch dynamische Systeme erfordern Dispatcher oder Projektverantwortliche, die gute
Kenntnisse der Marktlage bezüglich der externen Dienstleister besitzen, die
Kundenbedürfnisse kennen, diese bis zu einem gewissen Grade voraussehen und neue von der
Zukunft geforderte Bedürfnisse antizipieren können.
Die virtuelle Organisation zur Bewältigung der zukünftigen Probleme ist aber nur
wirkungsvoll, wenn sie von entsprechend geeigneten Fachleuten mit hoher Kompetenz
angewendet und betreut wird.
Eine virtuelle Organisation bietet im Rahmen eines Auftrages die erforderlichen
Dienstleister auf und errichtet die Kommunikation zwischen den Dienstleistern, wobei der
Repräsentant dieser Organisation die Beziehung zum Kunden pflegt.
Intranet oder Internet als Netzwerk
Damit eine virtuelle Organisation erfolgreich wirken kann, braucht es ein einwandfrei
funktionierendes Kommunikationsnetz, das von allen Dienstleistern für den
Informationsaustausch problemlos genutzt werden kann.
Als Kommunikationsnetz wäre ein Intranet denkbar oder das Internet, wobei für alle
Partner ein gemeinsamer Provider sinnvoll wäre. Die Verbindung zum Rechner des Providers
erfolgt dann entweder via analoges Telefonnetz und Modem, via Firmencomputernetz oder
direkt via digitales ISDN-Netz.
Wirtschaftlich soziologische Umweltsituation
Heute werden ständig neue fachtechnische Erkenntnisse und Informationen an Seminaren,
Messen, Vorträgen und durch Schriften der Berufsverbände vermittelt. Die Forderung nach
effizienter Gebäudebewirtschaftung, neuen Technologien und Arbeitsmethoden und die
Herausforderung aufgrund der abnehmenden fossilen Energieträger und der zunehmenden
Schadstoffbelastung setzen weitere Schwerpunkte.
Das Gebäudemanagement wird deshalb immer komplexer, so dass heute hohe Anforderungen an
die Gebäudebesitzer, Gebäudeverwalter, Gebäudebetreiber und die Betreuer der
gebäudetechnischen Anlagen und Einrichtungen gestellt werden. Verantwortungsbewusstes
Handeln im Sinne der Nachhaltigkeit ist heute für alle Beteiligten unabdingbar.
Die Umsetzung dieses Wissens benötigt vermehrt global denkende Fachleute mit einem
breiten Grundwissen und einem vernetzten Denken. Stark spezialisierte Fachkräfte haben es
heute schwer, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, wenn sie nicht in der Lage sind,
sich relativ schnell die neuen Kenntnisse und Methoden anzueignen. Auf dem heutigen
Arbeitsmarkt ist es daher schwierig, ohne vielseitige Ausbildung mitzuhalten. Andererseits
fehlen mittleren und grösseren Firmen für die stetig neuen Anforderungen geeignete
Fachkräfte.
Erkennbare Trends bei der Gebäudetechnik
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Die Gebäudetechnik (Heizungs-, Lüftungs-,
Klima-, Kälte-, Sanitär-, Elektro- und Aufzugstechnik) im Umbruch
Auf dem Gebiet der Gebäudetechnik reicht es heute nicht mehr, nur auf Grund von
Bauherrenwünschen pflichtgetreu ohne Hinterfragung Anlagen zu planen oder zu warten und
getreu die Minimalvorschriften der Werke und Ämter zu erfüllen. Heute wird eine
nachhaltige, umsichtige und langfristige Betreuung der Gebäude, gebäudetechnischen
Anlagen und Einrichtungen immer wichtiger, weil die bestehende Bausubstanz mit komplexeren
gebäudetechnischen Anlagen stetig älter wird und kaum ersetzt wird. Es reicht heute
nicht mehr, nur die reine Gebäudetechnik zu beherrschen.
Um im Markt bestehen zu können, braucht es in demselben Masse Kenntnisse über
Betriebswirtschaft, Psychologie, Bauphysik, Umweltschutz, Kybernetik und Informatik.
Deshalb entsteht eine immer stärkere gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Bereiche,
so dass einzelne Spezialisten allein nicht mehr in der Lage sind, alle Konsequenzen zu
überblicken und damit oft unbewusst komplexe Probleme vor sich her schieben und nur
spezifische Bereiche sanieren. Dies geschieht oft auch aus Kostengründen, weil
Langzeitfolgen nicht erkannt werden wollen und damit auf die nächste Generation
abgeschoben werden.
Kompetente Gebäudetechnik-Fachleute sollten diese Situation nicht einfach hinnehmen und
trotz anstrengender Überzeugungsarbeit gesamtheitliche Vorschläge unterbreiten. Dies
kann schliesslich auch zu Neuaufträgen führen und dem Ziel einer nachhaltigen
Umweltsituation dienen, zu der wir letztlich alle verpflichtet sind.
Weil die stetigen Veränderungen von Kundenanforderungen und die zukünftigen
Anforderungen einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung mit traditionellen hierarchisch
organisierten Arbeitsgruppen innerhalb einer Firma oder einer Division nicht mehr
bewältigt werden können, müssen auch die auf dem Gebiet der Gebäudetechnik tätigen
Gruppen und Firmen nach neuen Organisationsformen suchen, damit sie den zukünftigen
Anforderungen gewachsen sind.
Virtuelle Organisation in der
Gebäudetechnik
Anforderungen an eine zukunftsgerichtete Organisation
Eine Organisation, die die zukünftigen Anforderungen ohne grosse Probleme bewältigen
kann, muss folgende Bedingungen erfüllen:
- Fristgerechte und kompetente Befriedigung der stets wechselnden Kundenbedürfnisse und
Problemlösungen.
- Kunden vorausschauend auf die neuen Herausforderungen vorbereiten und bei der Lösung
neuer Probleme unterstützen, um Folgeaufträge zu sichern.
- Permanente Mobilisierung von motivierten, kompetenten, flexiblen und belastbaren
Fachleuten für temporäre Aufträge.
- Kurzfristige Verfügbarkeit von breitem Wissen und vielfältigen Ressourcen für
befristete Aufträge.
Wandel von der traditionellen zur virtuellen
Organisation
Die rasante technische Entwicklung auf dem Gebiet der Informatik und der Kommunikation und
die neuen durch die Globalisierung ausgelösten Trends auf dem Gebiet der
Betriebswissenschaft führen in Zukunft zu völlig neuen Organisationsformen. Die
wichtigsten Veränderungen sind in der nachfolgenden Grafik dargestellt.
Neue Organisationsformen wichtigste Veränderungen.
Chancen der virtuellen Organisation
Sogenannte virtuelle Partnerschaften lassen sich mit der virtuellen Organisation lösen,
sofern eine lnformationslogistik besteht, die die geeigneten Partner kennt und für
temporäre Aufgaben zusammen bringen kann, ohne dass man an den Ort und die Zeit gebunden
ist.
Voraussetzungen einer funktionieren den virtuellen Partnerschaft sind:
- Eine hohe Transparenz des Informationsaustausches,
- die Einhaltung von Kooperationsregeln und
- ein loyales Verhalten, so dass zwischen den Kunden, den Unternehmern und den
Mitarbeitern ein hohes Mass an Wertschöpfung und Zufriedenheit erreicht werden kann.
Netzwerke und Netzwerkmanagement
Für die Gebäudetechnik wurde in der Schweiz eine Gebäudetechnik-Plattform entwickelt,
die via Internet (http://www.gbt.ch) benutzt werden kann. Parallel zu diesem lnfoservice
wird gegenwärtig für interessierte Gebäudetechnik-Kunden ein Netzwerk für eine
virtuelle Organisation aufgebaut (http://www.gbt24.ch).
Das Netzwerkmanagement der virtuellen Organisation für die Gebäudetechnik wird
voraussichtlich gemäss folgender Grafik
konzipiert, wobei je nach Anzahl der teilnehmenden Partner und Kunden eine Person mehrere Funktionen wahrnehmen kann.
Nutzen der virtuellen Organisation für
die Gebäudetechnik
Konzentration der Kernkompetenzen
Wettbewerbsdruck, Zukunftsanforderungen
Um dem Wettbewerbsdruck standhalten zu können und in Zukunft flexibel zu bleiben, stellt
sich unweigerlich die Frage nach kostensenkenden Massnahmen und der Konzentration der
Kernkompetenzen.
Damit infolge derartiger Massnahmen die Substanz gegenüber den Kunden trotzdem erhalten
werden kann, braucht es entsprechende organisatorische Mittel. Zur Bewältigung dieser
Probleme ist deshalb das Konzept der virtuellen Organisation naheliegend und ein geigneter
Lösungsansatz. Mit Hilfe der virtuellen Organisation sind in diesem Zusammenhang diverse
Szenarien möglich.
Optimierung der Wertschöpfung
Direkte prozessorientierte Massnahmen
- Effizientere Auftragsabwicklung mit weniger Bürokratie und wirksamerer Kundenberatung
mit dem Ziel Kunden zufriedenstellen, Wertschöpfung und Folgeaufträge zu erwirken.
- Anbieten und Ausführen des gesamtheitlichen Dienstleistungsangebots als eine Einheit
unter Verzicht von Abteilungsrivalitäten und Sonderinteressen.
Prinzip der Wertschöpfungskette.
Massnahmen mit Unterstützung der
virtuellen Organisation
Damit die Wertschöpfungstätigkeiten in Zukunft optimiert werden können, sind
folgende Massnahmen und Fähigkeiten notwendig:
- Erweiterung des Dienstleistungsangebots unter Einbezug von externen Partnern.
- Nebst dem rein standardisierten Dienstleistungsangebot braucht es vermehrt
differenzierte, den Kundenbedürfnissen angepasste Dienstleistungen.
- Fähigkeit, die von den Kunden angedeuteten Wünsche und Probleme vorausschauend zu
neuen Dienstleistungssegmenten zu entwickeln.
- Fähigkeit, beim Kunden das Bewusstsein für die in der nahen Zukunft entstehenden
Probleme zu wecken, mit ihm Massnahmenpläne auszuarbeiten und damit unter anderem auch
Folgeaufträge zu sichern.
- Erweiterung des Kundenkreises, um die vorhandenen Ressourcen und Tools besser zu nutzen.
Alle diese Massnahmen erfordern eine Flexibilisierung der Organisation, weil dazu mehr
Know-how, mehr Kompetenz und damit eine flexiblere Personalkapazität notwendig wird. Weil
dies nur mit Partnern sinnvoll lösbar ist, muss für die partnerschaftliche
Zusammenarbeit anstelle der angewendeten Matrixorganisation eine sinnvollere Methode
benutzt werden. Zur Bewältigung derartiger Probleme wurde deshalb die virtuelle
Organisation entwickelt.
Zukünftige
Entwicklungschancen Jede Unternehmung muss sich den zukünftigen Herausforderungen stellen. Aufgrund der sich abzeichnenden Trends bedeutet dies, die traditionell bewährten Bereiche weiter zu entwickeln und zugleich nebst den standardisierten Diensten auch neue, flexibel auf die Kundenwünsche ausgerichtete und den Zukunftsanforderungen angepasste neuartige Dienstleistungssegmente anzubieten. Um die geforderten Dienstleistungen zur Zufriedenheit der Kunden und zur Deckung derer Bedürfnisse anbieten zu können, wird es in Zukunft ohne die Anwendung der virtuellen Organisation kaum eine weitere wirtschaftlich tragbare Entwicklungsmöglichkeit geben. Weil in Zukunft vermehrt flexibel auf temporäre, stets wechselnde Herausforderungen reagiert werden muss, wird man vermehrt auf kompetente Partnerschaften angewiesen sein, um konkurrenzfähig zu bleiben, zumal aus Zeit- und Kostengründen kaum für jede neue Spezialaufgaben neue Mitarbeiter rekrutiert werden können. Um diese Anforderungen zu bewältigen, wird die virtuelle Organisation im Dienste der Gebäudetechnik in Zukunft für die Weiterentwicklung der entsprechenden Branchen unverzichtbar sein. |
Literatur und Quellen
Internet Virtuelle Organisation, Stefan Klein, Hochschule St. Gallen
http://www.iwi.unisg.ch/iwi4/cc/genpups/virtorg.html#13
Virtuelle Organisation, Martina Merkle, Universität St. Gallen
http://www.iwi.unisg.ch/iwipup/dr-semi/ss96-zh/mme/iwi.html
Virtuelle Unternehmung, Peter Mertens, Wolfgang Faisst, Nürenberg-Erlangen
http://www-bior.sozwi.uni-kl.de/tum/tum_z_95/295mer.html
Virtuelle Unternehmung, Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald, Universität München
http://www.aib.wiso.tu-muenchen.de/lehre/prakt./g2/einf.html
Nutzung des Internet für die Gebäudetechnik P. E. Häfliger, Novartis Services AG:
http://www.gbt.ch
Bücher Virtualisierung von Organisationen, Günter Müller-Stevens, Universität St.
Gallen
Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart und Verlag Neue Zürcher Zeitung
Das virtuelle Unternehmen, William H. Davidow, Michael 5. Malone
Weitere Informationen:
P. E. Häfliger, Bereichsleiter
Novartis Services AG
e- Mail: peter.haefliger@datacomm.ch