8.3 Lüftungsanlagen *

 

8.3.1 Einleitung *

8.3.2 Begriffe *

8.3.3 Bauarten *

8.3.4 Auslegung *

8.3.5 Tips für Planung, Praxis, Energie *

 

8.3 Lüftungsanlagen

 

 

Ist eine Lüftungsanlage sinnvoll ?

Bei der heutigen Bauweise, den heutigen Produktionsprozessen, den heutigen Arbeitsplatzbedingungen und den heutigen Umweltbedingungen werden Lüftungsanlagen öfters zu einer Grundausrüstung in einem Gebäude. Mit diesen komplexen Anlagen wird es möglich, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Hohe Ansprüche müssen aber teuer erkauft werden !

 

Lüftungsanlagen - ein teures Vergnügen ?

Lüftungsanlagen in Büro- oder Laborgebäuden und speziell sogenannte Komfort-anlagen verursachen hohe Investitionen. Während der Nutzungszeit, die öfters mehrere Jahrzehnte dauern kann, fallen Betriebskosten (Bedienung, Instandhaltung, Instandsetzung, Energie) an, die ein Mehrfaches der Investition übersteigen. Es ist daher sehr wichtig, dass alle Komfortanlagen kritisch hinterfragt, den effektiven Bedürfnissen angepasst und energetisch optimiert werden.

 

Nicht jede Lüftungsanlage ist notwendig !

Vor jeder Projektierung muss eine Lüftungsanlage kritisch hinterfragt werden. Sie sollte primär durch die zu erfüllende Funktion begründet werden. Auch während des Betriebes sind solche Überlegungen sinnvoll. Eine Anpassung an die minimalen Bedürfnisse, die qualifizierte Bedienung und die Optimierung auf die Gesamtkosten führen zu einer Energieoptimierung und damit auch zu einer Minimierung der Betriebskosten.

 

 

8.3.1 Einleitung

 

Grundfunktionen der Lüftung

Nachfolgend sind die wichtigsten Grundfunktionen einer Lüftung erläutert:

 

· Gewährleisten der notwendigen Aussenluftmenge für Personen

Damit ist vor allem der in der Luft vorhandene Sauerstoff gemeint, der für die Atmung von Menschen und Tieren lebensnotwendig ist. Wichtig wird diese Aussenluftmenge in Räumen ohne Möglichkeit einer natürlichen Lüftung. In den meisten anderen Räumen ist durch Undichtigkeiten und natürliche Lüftungsmöglichkeit genügend Sauerstoff vorhanden.

· Entfernen von Verunreinigungen der Raumluft

Es wird zwischen Belastungen unterschieden, welche aus Verunreinigungen der Aussenluft oder der Innenluft herrühren. Die Belastungen der Innenluft entstehen durch menschliche Tätigkeiten oder prozessbedingte Emissionen.

· Kontrolle der Druckverhältnisse

In verschiedenen Bereichen besteht eine Anforderung an die Strömungsrichtung der Luft (Raum-Differenzdruck). Dies kann aus Sicherheits-, Hygiene- oder Komfortgründen von Bedeutung sein (Reinräume, Ex-Zonen, Labors, Küchen usw.).

· Kontrolle des thermischen Komforts

Um den gewünschten bzw. den geforderten Temperaturbereich gewährleisten zu können, muss entweder Wärme zu- oder abgeführt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass eine Gewaltentrennung zwischen Heizung und Lüftung erreicht wird. Genauso wichtig ist die kontrolle der Luftfeuchtigkeit.

· Gewährleisten von sicherheitsrelevanten Auflagen

Für verschiedene Bereiche müssen Gesetze und Vorschriften (z.B. Arbeitssicherheit) eingehalten werden. Dies betrifft z.B. Fortluft aus Kapellen in Labors, aus Lösungsmittelräumen, AutoeinstelIhallen usw.).

 

Wartung und Unterhalt

Lüftungsanlagen müssen laufend vielseitigere Aufgaben und Anforderungen erfüllen. Dies hat zur Folge, dass immer komplexere Anlagen gebaut werden und die Abhängigkeit zu anderen Systemen zunimmt. Zur Sicherstellung der Verfügbarkeit muss deshalb ein immer grösserer Aufwand betrieben werden, sowohl bei der Planung und der Ausführung als auch während des Betriebes einer Lüftungsanlage. Der Unterhalt der Anlage und die Qualifikation des zuständigen Personals müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur Komplexität der Anlage und der Betriebszeit stehen, um minimale Betriebskosten zu erreichen.

 

 

8.3.2 Begriffe

 
 

Begriff Bemerkung
Lüftungsanlage Die Lüftungsanlage ist eine raumlufttechnische Anlage ohne oder mit einer thermodynamischen Luftbehandlung (z.B. Lufterwärmung). Sie besteht aus verschiedenen Komponenten wie Ventilatoren, Luftfiltern, Luftdurchlässen und einem Kanalnetz 
Teilklimaanlage Raumlufttechnische Anlage mit zwei oder drei thermodynamischen Luftbehandlungen (z. B. Lufterwärmung und Befeuchtung). 
Vollklimaanlage Raumlufttechnische Anlage mit allen vier thermodynamischen Luftbehandlungen (Lufterwärmung, Kühlen, Befeuchten, Entfeuchten) 
Luftwechsel Luftvolumenstrom im Verhältnis zum Raumvolumen. Der Luftwechsel gibt an, wieviel Mal pro Stunde die Luft im Raum theoretisch erneuert wird. 
Wärmerückgewinnung Bei einer Wärmerückgewinnung wird die bei einem gewinnung WRG Prozess oder in einer Anlage (z.B. Lüftungsanlage) an- fallende nutzbare Abwärme demselben System ohne Zeitverschiebung als Nutzwärme wieder zugeführt. 
Abluft Durch eine Lüftungsanlage aus dem Raum weg beförderte Luft. 
Fortluft Durch eine Lüftungsanlage ins Freie beförderte Luft. 
Umluft Durch eine Lüftungsanlage dem Raum wieder zugeführte Abluft 
Zuluft Durch eine Lüftungsanlage dem Raum zugeführte Luft 
Aussenluft Durch eine Lüftungsanlage aus dem Freien angesaugte Luft 
Aussenluftrate Anteil Aussenluft in der Zuluft oder Anteil Aussenluft pro Person. 
VAV-Anlage Anlage mit variablem Volumenstrom. Die Luftmenge wird z.B. über einen Raumthermostaten mittels Volumenstromregler erhöht oder reduziert. 

 

 

8.3.3 Bauarten

 
 

Bauarten Bemerkungen Mögliche Einsatzorte
Belüftung Einfache Zuluftanlage  Technische Räume, wie Schalträume usw. 
Entlüftung  Einfache Fortluftanlage  WC-Räume, Autoeinstellhallen, Kleinküchen, Schleusen 
Be- und Entlüftung  Zu- und Fortluftanlage mit oder ohne Lufterwärmung  Büroräume, Lager, Werkstätten, Produktionsräume 
Natürliche Lüftung  Lüftung über natürliche Öffnungen, wie Schächte, Fenster usw. An Stelle der Lüftung müssen geeignete bauliche Massnahmen vorhanden sein  Zentralen, Maschinenräume, Büroräume, Lager 
Sturmlüftung  Gegenüber dem Normalbetrieb erhöhte Luftmenge (Luftwechsel) zum notfallmässigen Wegführen (Havarie) von Gasen, Dämpfen usw.  Tanklager, Produktionsräume, Fluchtwege 
Teilklimaanlage  Zu- und Fortluftanlage mit Lufter- wärmung und oder Luftkühlung oder Befeuchtung  Laborräume, Produktionsräume 
Vollklimaanlage  Zu- und Fortluftanlage mit Lufter- wärmung, Luftkühlung, Befeucht- ung und Entfeuchtung  Laborräume, Produktionsräume, Grossraumbüros, Rechenzentren 
Umluftanlage  Abluft wird mit Aussenluft gemischt und nach der Aufbereitung wieder dem Raum zugeführt.  Wird eingesetzt, wenn zum Beispiel eine WRG aus Platzgründen nicht möglich ist oder aus Reinheitsgründen sehr hohe Luftwechsel gefordert sind 
Induktionsanlage  In einem Gerät wird die Zuluft durch Düsen ausgeblasen (Pri-märluft). Durch Induktion wird dann Raumluft (Sekundärluft) angesaugt, welche gefiltert, erwärmt oder gekühlt werden kann. Anstelle von Heizkörpern werden lnduktionsgeräte am Fenster plaziert. Büroräume, Hotelzimmer 
Lüftungskonvektor  Ähnliches Prinzip wie Induktions- gerät. Jedes Gerät ist mit einem eigenen Ventilator (Fan Coil) und einem Wärmetauscher bestückt und ermöglicht einen reinen Umluftbetrieb  Büroräume, Hotelzimmer 

 

 

8.3.4 Auslegung

 

Bevor man eine Lüftungsanlage bauen kann, muss man sich zuerst mit verschiedenen Fragen auseinandersetzen. Diese Fragen müssen immer durch die Bauherrschaft beantwortet werden. Man sollte es sich dabei aber nicht zu einfach machen und die eigenen Bedürfnisse (Prozess-, Arbeitsplatz-, Komfortbedingungen) kritisch hinterfragen. Sie ermöglichen damit dem Fachmann (intern oder extern), eine kostenoptimierte Anlage zu planen. Auf Grund dieser Datenbeschaffung ergibt sich automatisch, welche Art von Lüftung sinnvoll ist. Es gibt grundsätzlich folgende drei Arten für eine Raumlüftung:

 

1. Natürliche Lüftung (Fensterlüftung)

2. Mechanische Lüftung (Lüftungsanlage)

3. Lüftungstechnische Anlage (Klimaanlage)

 

Neben den eigenen Bedürfnissen wird die Art der Lüftung auch noch durch das Energiegesetz geregelt. Darin sind Klimaanlagen grundsätzlich zuerst einmal verboten. Der Gesetzgeber verlangt einen Bedarfsnachweis,. warum eine natürliche oder mechanische Lüftung nicht ausreicht. In folgenden Fällen kann eine Lüftungs- oder Klimaanlage notwendig sein:

 

· Hoher Aussenlärm

· Verunreinigte Aussenluft

· "Gefangene" oder fensterlose Räume

· Bürohochhäuser

· Hohe interne Wärmeproduktion

· Intensive Personenbelegung

· Interne Schadstoffemissionen

· Prozessbedingte Anforderungen (Reinheitszonen, Druckstufen, Arbeitsvorschriften)

 

Wichtig: Ein wärmetechnisch schlechter Zustand eines Gebäudes ist keine Begründung für eine Lüftungs- oder Klimaanlage.

 

Werden diese Grundsätze zur Auslegung einer Lüftungsanlage nicht berücksichtigt, so resultieren daraus unweigerlich Unzufriedenheit und hohe Investitions- oder Betriebskosten. Im schlimmsten Fall können die minimalen Prozess- oder Arbeitsplatzbedingungen nicht erreicht und damit die Funktion nicht gewährleistet werden.

 

 

8.3.5 Tips für Planung, Praxis, Energie

 

Planung

 

· Definieren und kritisches Hinterfragen der eigenen Komfortbedingungen

· Abklären der prozess- oder arbeitsplatzbedingten Anforderungen

· Planung und Auslegung gemäss den SIA-Empfehlungen SIA 382

· Komplexität der Anlage muss der zu erfüllenden Aufgabe entsprechen

· Bedienung und Wartung der einzelnen Komponenten bereits in der Planung berücksichtigen. Dies betrifft hauptsächlich die Zugänglichkeit für Bedienung, Reinigung, Demontage und Ersatz, Kontrollfenster und -türen

· Anzeigeinstrumente für Messungen und Überwachungen einplanen

· Ausrüstung für Dauerhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Wartungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit auswählen

· Druckverluste in der gesamten Lüftungsanlage sind zu minimieren

· Ansaugort in Bezug auf die Luftqualität und die Temperatur beurteilen

· Anlage mit stabilem Betriebspunkt und unterhalb der maximal zulässigen Werte von Leistung, Schallpegel, Geschwindigkeit, Temperatur und Druck auslegen

 

Praxis

 

· Chronologische Erfassung der Informationen bezüglich Wartung, Unterhalt und Änderungen (Logbuch vor Ort verwenden)

· Dokumentation nachführen

· lnstandhaltungsplan und die notwendigen Arbeitspläne erstellen und den Erfahrungen anpassen

 

Energie

 

· Energiegesetz als Mindestanforderung betrachten

· Gesetzliche Vorschriften und SIA-Empfehlungen einhalten

· Verzicht auf hochleistungsfähige oder überdimensionierte Systeme, die es ermöglichen, jeden Benutzerfehler zu kompensieren

· Regelmässiges Hinterfragen und Anpassen der Komfortbedingungen

· Aktionen zur Betriebsoptimierung durchführen

· Optimales Gesamtsystem vorsehen - optimale Einzelsysteme sind kein Garant für ein optimales Zusammenspiel und eine wirtschaftliche Lösung

 


Letzte Änderung : 23 Feb 1998 Webmaster